Durch den menschlichen Gebrauch werden pro Einwohner und Tag ca. 120 Liter Trinkwasser so verschmutzt, dass die Einleitung in Fließgewässer oder die Versickerung in das Grundwasser ohne vorherige Reinigung zu bedeutenden Schäden an der Umwelt führen würde.
Neben der Beeinträchtigung von Trinkwasserreserven, der Verbreitung von Krankheitserregern, der sauerstoffentziehenden Wirkung in den Gewässern und der dadurch bedingten Störung von Lebensräumen der darin vorkommenden Lebewesen durch nicht gereinigtes Abwasser ist aus hygienischer Sicht die bestmögliche Reinigungsleistung anzustreben.
Im Folgenden wird der Weg des Abwassers in der Verbandskläranlage Radiga dargestellt und die einzelnen Stationen näher erläutert.
Zulaufkanäle
In den an die Kläranlage Radiga angeschlossenen Gemeinden (St. Johann i. S., Arnfels, Oberhaag sowie Gemeindeteile von Leutschach, Großklein, St. Martin i. S. und Eibiswald) wurden bzw. werden – sofern wirtschaftlich möglich – alle Liegenschaften an öffentliche Kanäle angeschlossen. Das gesammelte häusliche und betriebliche Abwasser gelangt über 2 Rohrkanäle (DN 400 und DN 200) zur Kläranlage und wird dort mittels eines Zulaufpumpwerkes – dort sind insgesamt 4 Pumpen installiert – um rd. 7 Meter angehoben.
Mechanische Vorreinigung – Rechenanlage
Im Betriebsgebäude (Rechenraum) ist zur Entfernung von Grobstoffen (Hygieneartikel, Papier, Speisereste u. a.) ein Feinrechen mit einer Spaltenbreite von 4 mm installiert. Das abgeschiedene Rechengut wird gewaschen und mittels einer Schneckenpresse entwässert, im Müllcontainer zwischengelagert und zur Mülldeponie transportiert.
Abwasser – Probensammler bzw. Mengenmessung
Unmittelbar nach der Rechenanlage wird vom Probensammler aus dem Zulaufgerinne eine mengenproportionale 24-Stunden-Mischprobe gezogen, um die im Abwasser enthaltene Schmutzfracht bestimmen zu können. Im Zulaufgerinne zum Sandfang-Fettabscheider ist eine Messeinrichtung installiert, die den momentanen Zufluss misst. Die gesamte Abwasser-Zulaufmenge wird täglich aufgezeichnet und grafisch dargestellt.
Sandfang-Fettabscheider
In dieser Vorreinigungsstufe werden in einem belüfteten Sandfang mit integriertem Fettabscheider durch Einstellen einen Fließgeschwindigkeit von ca. 30 cm/sec. Sandanteile und sonstige Schwerstoffe abgesetzt sowie Leichtstoffe wie Fette, Speiseöle u. dgl. durch die Belüftung im Fettabscheideraum an die Wasseroberfläche befördert. Durch einen Räumer wird der Sand in einen Trichter gefördert, von wo er in einen im Betriebsgebäude situierten Sandsilo gepumpt und entwässert wird. Von dort gelangt er in einen Container und schließlich auf eine Mülldeponie.
Das anfallende Fett wird ebenfalls von einem Räumer in einen Trichterbauwerk gefördert und entsorgt.
Biologische Reinigung in den Belebungsbecken
Vor den beiden Belebungsbecken ist ein Vorkontaktbecken situiert, in dem das Abwasser mit dem Rücklaufschlamm ohne Sauerstoffzufuhr mittels eines Rührwerkes miteinander vermischt wird. Von dort wird das Abwasser-Schlammgemisch gleichmäßig auf die beiden Belebungsbecken verteilt.
In den beiden getrennten Belebungsbecken (Umlaufbecken), die am Beckenboden mit einer Flächenbelüftung sowie mit den auf einem massiv am Boden befestigten Bauwerk in ca. 2 Meter Höhe situierten 2-flügeligen Umwälzpropellern – diese dienen dazu, dass die Bakterienmasse (=Belebtschlamm) in Schwebe gehalten wird und sich nicht absetzen kann – ausgerüstet sind, laufen verschiedene biologische Vorgänge ab:
- Die im Abwasser enthaltenen gelösten Inhaltsstoffe dienen der Bakterienmasse (Belebtschlamm) als Nahrung und werden von diesen in verschiedene andere Stoffe umgewandelt. Diese neu gebildeten Stoffe können in organische Substanz (Zuwachs an Bakterienmasse) sowie in anorganische Verbindungen (Wasser, Kohlendioxyd u. a.) umgewandelt werden. Dieser Vorgang betrifft in erster Linie die Kohlenstoffverbindungen.
- Für die Entfernung der Nährstoffe „Stickstoff“ und „Phosphor“ sind für die dafür zuständigen Bakteriengruppen besondere Lebensbedingungen zu schaffen. So werden beispielsweise durch zeitweilig aussetzenden Betrieb der Belüftungseinrichtung bei paralleler guter Durchmischung der Bakterien mit dem im Abwasser enthaltenen Nährstoffen wechselweise aerobe (gut belüftete), anoxische bzw. anaerobe (nicht belüftete, sauerstofffreie) Verhältnisse geschaffen.
- Durch diese Betriebsführung werden Stickstoffverbindungen wie Ammonium in den belüfteten Phasen zu Nitrat aufoxydiert und in den unbelüfteten Phasen durch entsprechende Reduktionsvorgänge zu gasförmigem Stickstoff umgewandelt. Zusätzlich wird während der unbelüfteten Phase eine verstärkte biologische Phosphoreinbindung in den Zellaufbau der Bakterien möglich.
- Die restlichen Phosphorverbindungen werden durch Beigabe von Metallsalz (Fe3Cl2) als Fällungsmittel von der gelösten in die kristalline Form übergeführt und können so über den Überschussschlamm aus dem System entfernt werden.
Die Versorgung der Bakterien mit Luftsauerstoff erfolgt über elektrisch betriebene Drehkolbengebläse; die feinblasige Verteilung der Luft in den Belebungsbecken bewerkstelligen die am Beckenboden montierten Membranbelüfter (siehe oben).
Die im Belebungsbecken benötigte Sauerstoffmenge (abhängig von der Schmutzfracht bzw. Nährstofffracht) wird durch Sauerstoffsonden ermittelt und über entsprechende Regelorgane eingestellt.
Nachklärbecken
In den beiden Nachklärbecken wird das gereinigte Abwasser von Bakterien und sonstigen Mikroorganismen, die nunmehr als Schlammflocken vorliegen, durch Absetzen getrennt. Das gereinigte Abwasser rinnt sodann über Ablaufschwellen in den Vorfluter (= Saggaubach). Die abgesetzten Schlammflocken (= Bakterienschlamm) werden mittels eines Rundräumers in einen, in der Beckenmitte situierten Schlammschacht befördert und von dort über eine Dükerleitung zum Schlammpumpwerk geleitet.
Hochwasserpumpwerk – Ablauf-Messstation
Die Abläufe des gereinigten Abwassers aus den Nachklärbecken werden zusammengeführt und durch das Hochwasserpumpwerk in den Saggaubach abgeleitet. Für Hochwasser-Ereignisse im Saggaubach sind im Hochwasserpumpwerk Pumpen installiert, die im Bedarfsfall in Verbindung mit einem automatisch gesteuerten Elektro-Schieber den Kläranlagen-Ablauf in der Hochwasserzeit in die Saggau pumpen.
Um die Reinigungsleistung der Kläranlage festzustellen, ist auf dem Hochwasserpumpwerk eine Ablauf-Messstation montiert. Dort wird – so wie beim Abwasser-Zulauf – das gereinigte Abwasser mengenproportional in einer 24-Stunden-Mischprobe gesammelt, auf noch allfällig vorhandene Inhaltsstoffe untersucht und das Ergebnis entsprechend dokumentiert.
Ein kleiner Anteil des gereinigten Abwassers wird in ein Feuchtbiotop (neben dem Sandfang/Fettabscheider) eingeleitet; in ihm tummeln sich über 20 Jahre alte Koi-Karpfen.
Schlammpumpwerk
Mittels zweier Schneckenpumpen wird der in den Nachklärbecken abgesetzte Bakterienschlamm gehoben und anschließend wieder in das Vorkontaktbecken (siehe weiter oben) geleitet; um die auf die Abwasserreinigung spezialisierten Bakterien im Belebungsbecken anzureichern.
Der Zuwachs an Biomasse wird als Überschussschlamm regelmäßig mittels einer Tauchmotorpumpe in den Schlamm-Eindicker gepumpt und wird zu Klärschlamm.
Schlammbehandlung
Der Klärschlamm wird im Eindicker statisch eingedickt und anschließend in den Schlammsilo gepumpt. Diese beiden Rundbauwerke (neben dem Betriebsgebäude) sind abgedeckt. Aus dem Silo wird der Klärschlamm entweder als „Nassschlamm“ entnommen und landwirtschaftlich verwertet oder aber von einer im 2. Betriebsgebäude untergebrachten Kammerfilterpresse unter Zusatz von Flockungsmittel (Fe3Cl2) und Kalkhydrat mechanisch entwässert.
Der entwässerte Schlamm wird im Klärschlammlager zwischengelagert und ebenfalls als wertvoller Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt.
Siehe dazu auch den Beitrag über „Die geordnete landwirtschaftliche Klärschlamm-Verwertung“ auf dieser Website.
Übernahmeeinrichtung für Sammelgrubeninhalt und Schlämme aus Kleinkläranlagen
Die aus den nicht kanalisierten bzw. nicht kanalisierbaren Objekten des Verbandsgebietes mittels Vakuumfässern zur Kläranlage zugeführten Abwässer und Schlämme werden über eine automatische Übernahme-Messstation und einem Feinrechen entweder direkt oder über belüftete Pufferbehälter der Kläranlage zugeleitet (Sammelgrubeninhalt) oder nach dem Feinrechen in den Eindicker gepumpt (Schlamm).
Betriebsgebäude
Darin befinden sich die Schaltwarte, das Labor, die Sozialräume, die Werkstätte mit Geräteraum und Garage sowie im Keller die gesamte Verteilerstation, die schallisolierte Gebläse Station (mit 3 Drehkolbengebläse und Sandfang-Belüfter), das Auffangbecken mit den (Fe3Cl2)-Tanks.
- In der Schaltwarte ist das Herzstück eines automationsunterstützten Prozessleitsystems (mit einer umfangreichen Mess- und Regeltechnik) einer Kläranlage eingerichtet. Durch die Installation von Mengen-Messeinrichtungen, von Sonden für die Sauerstoff-Messung sowie Redox-Spannung und Knickpunkt-Erkennung, durch die Erfassung und Registrierung aller automatisch ablaufenden Vorgänge und der entsprechenden Verknüpfung der gesammelten Daten und Messwerte wird ein weitgehender Automatikbetrieb erreicht. Die fachlich bestmöglich ausgebildeten Abwassertechniker (= Klärfacharbeiter) sind für das klaglose Funktionieren aller dieser Anlagen, deren Einstellung und Wartung sowie für die Überwachung aller Automatikfunktionen zuständig. Daneben sind sie aber auch für den ordnungsgemäßen Betrieb aller Kanäle und Pumpwerke verantwortlich.
- Im Labor werden von den Klärwärtern täglich die vorgeschriebenen Abwasseruntersuchungen vorgenommen und dokumentiert.
Die meisten Mikroorganismen, die die Schmutzfracht im Abwasser abbauen, sind winzige Einzeller, die teilweise auch Zellkolonien bilden. Sie sind zwischen ein Zehntel bis ein Tausendstel Millimeter groß. Die nachfolgenden Bilder zeigen 4 Beispiele dieser im Mikroskop sichtbaren Einzeller.
- Entsprechend den Fremdüberwachungsverträgen untersuchen und analysieren die Klärwärter auch die Ablaufproben für Kleinkläranlagen und stellen die erforderlichen Befunde für die Wasserrechtsbehörde aus.
- In einer gut ausgestatteten Werkstätte werden notwendige Reparaturen sowie die laufenden Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten in Eigenregie vorgenommen.
Verwaltungsgebäude
Im Verwaltungsgebäude sind ein Sitzungssaal (Mitgliederversammlung, Besprechungen, Schulklassen-Empfang u. a.), ein Büro für die Geschäftsführung mit einem umfangreichen Dokumentations-Archiv, eine Teeküche sowie Sanitäranlage untergebracht.